Zusammen mit der Pfarrkirche Sant’Antonio Abate, der riesigen „Kathedrale in den Wäldern‟ im Ortsteil Antrogna, bietet Calasca Castiglione ein weiteres einzigartiges Gebetshaus, welches das kulturelle und künstlerische Angebot des Anzascatals und des gesamten Ossolatals bereichert.
Die Rede ist von der Wallfahrtskirche Santuario della Gurva, die der Madonna delle Grazie (Heiligen Maria der Gnaden) gewidmet ist und deren Bau unter außergewöhnlichen Umständen erfolgte.
Die Wallfahrtskirche wurde in einer Lage gebaut, die Rätsel aufgibt und Erstaunen hervorruft, nämlich überhängend über dem Bach Anza und am Rand eines riesigen Felsblocks, der fast von der Erde abgehoben nur auf einem kleinen Stück Fels aufgestützt ist.
Das Rätsel um den Felsblock konnte noch nicht gelöst werden und die geheimnisvolle Atmosphäre rund um das Bauwerk ist noch heute spürbar. Weder die Herkunft des großen Felsvorsprungs noch sein Alter sind bekannt: Die einzige zuverlässige Aussage bestätigt, dass der Felsblock sich schon 1635 in dieser geheimnisvollen und faszinierenden Position auf der Kippe zwischen der ursprünglichen Kapelle und dem Wasser des Bachs befand.
Zwei Hypothesen kreisen um die Entstehung der Wallfahrtskirche der Madonna della Gurva und besonders um die tiefe Verehrung der Madonna delle Grazie. Nach der ersten soll der Steinblock von dem überstehenden Berg gerollt sein und das Bauwerk verschont haben: Dies wäre für die Gemeinde Calasca ein großes Wunder und so stieg die Verehrung der Gläubigen, die damit noch mehr an den Schutz durch die Heilige Jungfrau der Gnaden glaubten.
Ein ansässiger Historiker dagegen verortet den Anstieg der Verehrung der Madonna della Gurva auf die Zeit der Pest im Ossolatal um 1630. Die Pestkranken sollen vom Dorf ausgestoßen und hinter die Brücke in die Nähe der ursprünglichen Kapelle verbannt worden sein. Die endlosen einsamen und stets gleichen Tage boten als einzige Abwechslung die Augenblicke des Gebets an die Jungfrau der Gnaden, woraufhin einige der Betroffenen die Krankheit besiegen konnten. Dies wurde als Wunder angesehen und die Gemeinschaft erkannte in der Heilung der Pest das Werk der Jungfrau.
Wie auch immer die Wahrheit ausgesehen haben mag, wurde die Kapelle vergrößert und 1641 wurde die aktuelle Wallfahrtskirche eröffnet, ein Symbol für die Religiösität im Ossolatal, in dem der Volksglauben noch heute stark verankert ist.
In der Nähe der Wallfahrtskirche wird am 15. August das Fest der Madonna Assunta unter Beteiligung der traditionellen Miliz von Calasca gefeiert.
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